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Weltraum: Deutscher ESA Astronaut Matthias Maurer "unter Strom"

Bild: Der ESA Astronaut absolviert Kniebeugen im schwerelosen Weltraum mit dem EMS Anzug(Quelle ESA/NASA)
 

So plötzlich, wie die (An-)Spannung da ist, so plötzlich ist sie einige Sekunden später auch wieder weg: Sie läuft durch die Arm- und Beinmuskulatur von Matthias Maurer – nicht stark, aber dennoch extrem effektiv. Denn diese leichte Anspannung stimuliert seine sogenannte Skelettmuskulatur und unterstützt den deutschen ESA-Astronauten so beim Training auf der Internationalen Raumstation ISS. Ausgelöst wird die Anspannung durch einen neuen Fitnessanzug für den spezifischen Einsatz in Schwerelosigkeit. „Elektro-Muskel-Stimulation (EMS) ist eine moderne Trainingsmethode, bei der Muskelpartien durch schwache Stromimpulse angespannt werden. Wird diese erhöhte Grundspannung wie in unserer EasyMotion-Technologie-Demonstration mit einem gezielten Muskeltraining kombiniert, kann das den Trainingserfolg deutlich erhöhen. An Bord der ISS verbessert Matthias Maurer auf diese Weise erstmals mit einem stimulierenden EMS-Anzug sein Fitnessprogramm, das aus Laufen, Radfahren und Krafttraining besteht“, erklärt Dr. Christian Rogon, EasyMotion-Projektleiter bei der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR, in deren Verantwortung das Experiment gemeinsam mit der Charité Berlin, der OHB System AG und der EMS GmbH durchgeführt wird. Am 22. Dezember 2021wurden die ersten Daten von der Raumstation zu den das Experiment betreuenden Wissenschaftlern auf der Erde geschickt.

Matthias Maurer ist inzwischen der zwölfe Deutsche im All.

Ein Anzug für die Wissenschaft und die Freizeit

 

Doch warum kann Elektro-Muskel-Stimulation eigentlich den Trainingserfolg verbessern? Wir können uns nur fortbewegen, weil Muskeln in Rumpf und Gliedmaßen unserem Körper Stabilität verleihen. Dabei arbeiten sie auf der Erde gegen die Schwerkraft und trainieren sich so selbst. Um Muskelschwund und den dadurch bedingten Knochenabbau in Schwerelosigkeit zu verhindern, trainieren Astronautinnen und Astronauten täglich rund zweieinhalb Stunden an Bord der ISS. Wenn diese bestimmten Muskelpartien zusätzlich angeregt werden, kann der Trainingserfolg fast wie von selbst gesteigert werden. Matthias Maurer trainiert mit dem EMS-Anzug 20 Minuten pro Einheit. Wie kommt der Anzug bei dem deutschen Astronauten an? „Matthias Maurer hat bereits den achten Trainingslauf mit dem Fitnessanzug gemacht. Er nutzt ihn sehr gerne und trägt ihn sogar in seiner Freizeit. Das lässt darauf schließen, dass der Anzug gut funktioniert und er sich darin wohl fühlt“, sagt Christian Rogon. Wohlfühlen ist das eine, eine wirkliche Verbesserung des Trainings das andere. „Wir sind schon sehr auf die Daten gespannt. Sie werden uns zeigen, wie effektiv die EMS-Methode wirklich ist. Trainingsdaten, die wir von Tests auf der Erde haben, lassen darauf schließen, dass wir auch auf der ISS eine Verbesserung des Trainings erzielen werden“, erläutert Prof. Dieter Blottner, wissenschaftlicher Leiter des Projekts am Zentrum für Weltraummedizin der Charité-Universitätsmedizin in Berlin.

 

Ein Anzug für den Weg in die Tiefen des Weltraums und für die Therapie auf der Erde

 

Die Forschung, die Matthias Maurer im Rahmen von EasyMotion betreibt, ist nicht nur für seinen persönlichen Trainingsplan gut. Das Projekt zielt auch auf künftige Einsätze im Weltraum sowie auf Einsätze auf der Erde ab. „Auf der ISS haben die Astronauten relativ viel Platz für Trainingsgeräte, weil die Raumstation an sich sehr groß ist. Wollen die Astronautinnen und Astronauten weiter hinaus ins Weltall fliegen – etwa wie im aktuellen Artemis-Programm der NASA vorgesehen zu Mond und Mars – werden auch die Raumschiffe kleiner und der Platz für Trainingsgeräte schrumpft. Wenn der EMS-Anzug das Fitnessprogramm effizienter macht, könnte er auch für solche Reisen ideal geeignet sein“, schildert EMS-Projektleiter Christian Rogon. So soll im Februar 2022 noch ein weiterer EMS-Anzug zur ISS transportiert werden. „Wir hoffen sehr, dass EMS zum Standard im Training der Crew auf der ISS werden kann. Aber auch auf der Erde kann das EasyMotion-Projekt den Menschen helfen – etwa für die Entwicklung neuer Therapiemöglichkeiten gegen Muskel- und Knochenschwund, beim Muskelaufbau in der Rehabilitation oder um den Trainingserfolg im Kraft- und Fitnesssport zu steigern“, verdeutlicht DLR-Projektleiter Rogon.

 

Über das EasyMotion-Projekt

 

Die Technologie-Demonstration EasyMotion (EMS-TECH) wird im Auftrag der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR in Bonn durchgeführt und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWi) finanziert. Wissenschaftlich geleitet wird das EMS-Projekt vom Zentrum für Weltraummedizin an der Berliner Charité und vom Europäischen Astronautenzentrum der europäischen Weltraumorganisation ESA technisch begleitet. Das Trainingssystem EasyMotionSkin und die dazugehörige App wurde von der EMS GmbH entwickelt und für die Nutzung im Weltraum angepasst. Der deutsche Raumfahrtkonzern OHB System AG hat das System für die Mission qualifiziert.

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 

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